Hurra, wir haben einen Kleingarten
Neugärtner! Ich habe mal mit einem gesprochen und ihn gebeten seine Eindrücke und Erfahrungen aufzuschreiben. Die Namen habe ich dabei verändert. Ich glaube einige von euch, die gerade einen Garten übernommen haben, werden sich in dem Bericht wiederfinden.
Der neue Garten - Björn berichtet:
Gartenübergabe
Am heutigen Nachmittag haben wir eine Mail vom Vorsitzenden des Kleingartenvereins erhalten. Es gibt einen freien Garten für uns. Allerdings sind da noch weitere Interessenten – aber wenn wir schnell sind, könnte der Garten unserer sein.
Wir, das sind Ole unser Sohn, Lisa meine Frau und ich, Björn. Wir hatten uns beim Kleingartenverein vorgestellt und auf die Interessentenliste setzen lassen. Das war vor einem Jahr. Zwischendurch hatten wir immer mal nachgefragt - aber es war nichts frei. Jetzt haben wir die Chance auf einen Kleingarten.
Wir treffen uns also mit dem abgebenden Pächter zur Besichtigung. Ja, der Acker ist ein wenig verwildert und die Laube benötigt ein paar neue Bretter am Giebel und einen neuen Anstrich. In der Schätzung stehen einige Dinge drin, die noch erledigt werden müssen. Das hatte uns der Vorsitzende bereits am Telefon erklärt.
Aber trotzdem sollte uns das nicht davon abhalten. Die Lage ist gut und das mit dem Entkrauten sollten wir schon schaffen. Bei den Giebelbrettern kann mir mein Vater helfen. Der kennt sich mit Holz aus.
Einige Gartengeräte und ein paar Möbel möchte der abgebende Pächter im Garten lassen. Wir einigen uns auf einen geringen Betrag zur Übernahme. Die braucht der Pächter dann nicht zu entsorgen.
Der Preis den die Wertermittlung ergeben hat, ist aus unserer Sicht auch OK. Wir überlegen nicht lange und rufen den Vorsitzenden an. Wir wollen den Garten übernehmen. Dazu machen wir einen Übergabetermin. Vorher müssen wir noch die Vertragsunterlagen unterschreiben und den Preis aus der Schätzung an den Verein überweisen.
Dann ist es soweit. Am Freitag ist Übergabetermin. Wir treffen uns mit dem abgebenden Pächter, dem Vorsitzenden und der Fachberaterin im Garten. Der abgebende Pächter zeigt uns noch mal die Örtlichkeiten. Wo ist der Stromzähler, wo wird das Wasser abgestellt und wo ist der Wasserzähler. Die Zählerstände werden notiert. Das Geld für das übernommene Inventar wird an den Pächter bezahlt. Dann bekommen wir den Schlüssel.
Wir nehmen den Garten ein
Wie geht es jetzt weiter? Die Fachberaterin und der Vorsitzende erklären uns die Mängel in der Schätzung. 30 Quadratmeter Ackerland müssen entkrautet werden. Zwei Kompostkisten und eine Gerätekiste stehen zu dicht am Zaun und müssen entfernt werden. Dann sind da noch einige Büsche an der Grenze zum Nachbarn. Die müssen auch weg.
Meine Frau und ich schauen uns an. Das ist doch eine ganze Menge Arbeit. Hatten wir uns das wirklich so vorgestellt? Wir wollten doch eigentlich nur unsere Freizeit in der Natur verbringen und eigenes Obst und Gemüse anbauen. Bevor wir damit anfangen, müssen wir also erst mal die Mängel beseitigen. Na ja, das Ackerland brauchen wir ja sowieso und die Büsche zum Nachbarn gefallen uns auch nicht. Den Kompost brauchen wir für die Neuanpflanzung. Evtl. stellen wir auch Hochbeete auf das Ackerland.
Wir besprechen uns mit der Fachberaterin und dem Vorsitzenden. Für die Beseitigung der Mängel haben wir ein Jahr Zeit. Für die Neuanlage des Gartens sollten wir uns einen Plan machen.
Ein wildes "Querfeldeingärtnern" wird keinen Spaß machen, meint die Fachberaterin. Es bringt auch nur wenig Ertrag.
Meine Frau möchte gern naturnah gärtnern. Das, so sagt die Fachberaterin, ist nur strukturiert möglich. Einfach wild wachsen lassen, wie sich manche das naturnahe Gärtnern vorstellen, geht nicht. Auch zum naturnahen Gärtnern gehört eine Struktur.
Ihr Vorschlag: Wir sollten einen Plan des Gartens zeichnen und dort eintragen, was wir von den Pflanzen behalten wollen. Dazu kommen dann unsere Neuanpflanzungen und die Planung des Gemüsebeetes. Es gibt so viele Möglichkeiten seinen Garten mit Stauden, Sträuchern Gemüsebeeten und Obstbäumen zu bestücken. Man sollte vorher schon wissen wie groß diese werden und den Umfang der Pflanze wissen. Ist sie sehr arbeitsintensiv oder pflegeleicht? Muss sie auch im Sommer oft gegossen werden?
Puh, das war jetzt viel Input. Wir schließen den ersten Tag als Kleingärtner mit einer Grillwurst ab. Den Grill und Holzkohle hatte ich schon vorsorglich eingepackt.
Unsere Garten - ein Jahr später
Das war vor einem Jahr. Wie ist das Jahr gelaufen und was sind unsere Erfahrungen?
Zunächst ganz wichtig für alle, die sich für einen Kleingarten interessieren: Ein Kleingarten ist nicht mal eben gemacht. Gerade in der Anfangszeit waren wir mit voller Besetzung im Einsatz. Mein Vater kümmerte sich um die Laube. Meine Frau und ich waren mit der Mängelbeseitigung beschäftigt.
Außerdem bauten wir drei Hochbeete auf. Das war sehr gut. Darin verschwanden die Sträucher und Büsche, die wir entfernen mussten. Auch Äste vom Obstbaumschnitt füllten die Hochbeete. Wie die Bäume beschnitten werden mussten, hatte uns die Fachberaterin gezeigt. Auch die Inhalte der Kompostbehälter nahmen die Hochbeete auf. Dann kam noch Gartenboden oben drauf. Den hatten wir uns vom Recyclinghof an der Mülldeponie geholt. Mein Freund hat einen Anhänger und ein dafür passendes Zugfahrzeug. Damit ging das ganz gut. So konnten wir schon recht früh erste Gemüsepflanzen in die Hochbeete setzen.
Bei der Planung hat mir das Buch „Schwester Christas Mischkultur“ weitergeholfen. Da ist sehr gut beschrieben wie man verschiedene Pflanzen miteinander ins Beet setzt. Die Pflanzen schützen und fördern sich dabei gegenseitig.
Dann haben wir noch ein ebenerdiges Kartoffelbeet angelegt. Neu gesetzt haben wir auch einige Beerensträucher. Der Apfelbaum und die Zwetsche wurden nach Anleitung beschnitten.
Damit hatten wir unseren Obst- und Gemüseanbau erledigt. Einige Stauden und Pflanzen wurden im Garten verteilt. Die Gerätekiste wurde von uns entfernt.
Damit waren wir fertig. Alle Mängel beseitigt. Laube in Ordnung und Obst und Gemüse in ausreichender Menge angebaut. Wir können uns zurücklehnen – dachten wir.
Das war aber nicht so. Unser Garten forderte uns jeden Tag aufs Neue.
Der alltägliche Kleingärtnerwahnsinn hat uns voll im Griff. Schnecken irgendwie in den Griff bekommen. Gemüsebeet und Stauden gießen. Rasen mähen und Kanten schneiden. Dann muss noch mal etwas an der Wasserleitung repariert werden. Dazu kommt noch der Gemeinschaftsdienst.
Wie wir das alles neben Arbeit, Haushalt und Familie schaffen? Wir strukturierten unsere Zeit neu. Wir setzen uns feste Termine, wann mindestens einer von uns im Garten ist. Die haben wir im Kalender geblockt. Im Frühjahr mindestens jeden zweiten Abend für zwei Stunden im Garten und fast jeden Samstag. Sonntags ist für uns Ruhetag. Nur so haben wir alles in den Griff bekommen. Das ist uns aber auch nicht schwergefallen. Wir wollten ja den Garten.
Wir freuen uns auf den Herbst und den Winter. Da wird es etwas ruhiger. Wir können dann einiges nachholen, was bisher liegen geblieben ist.
Freundschaften pflegen… Klar geht auch. Wir laden unsere Freunde in den Garten ein. Ein paar essen nicht nur die Wurst, sondern helfen auch mit.
Unser Fazit nach eineinhalb Jahren Kleingarten
Kleingärtnern ist eine tolle Sache. Wir haben bis in den Herbst hinein frisches Gemüse und sind mit Einkochen beschäftig. Das klappt ganz gut. Es gibt dazu viele Anleitungen im Internet. Eine Investition in einen neuen Gefrierschrank schaffte Kapazität für eingefrorenes Obst und Gemüse.
Der Erholungseffekt ist unübertroffen. 10 Minuten mit dem Fahrrad und wir sind im Grünen. Ab und zu übernachten wir auf der Parzelle. Wir grillen und treffen uns mit Freunden. Oder wir chillen einfach mal vor uns hin.
Aber! Kleingärtnern ist mit Aufwand verbunden. Dazu muss man bereit sein. Wir haben für unseren Kleingarten unsere Freizeit neu geplant. Insgesamt kommen wir auf zwölf Stunden die Woche im Frühjahr und Sommer. Was ich allen Kleingarteninteressierten nur raten kann… Wenn ihr die Zeit nicht übrighabt, lasst die Finger von einem Kleingarten. Das wird dann nur zur Belastung. Irgendwann kommt ihr gegen die Verkrautung, die sich zwangsläufig einstellt, nicht mehr an.
Und ganz wichtig: Prüft regelmäßig, ob das mit dem Garten noch Euer Ding ist. Wir hatten einen Nachbarn, der schon länger den Garten hatte. Vor zwei Jahren haben sie sich ein Haus gekauft mit einem Garten. Klar, der Kleingarten war dann nur noch zweite Wahl. Das führte zu Wildwuchs. Gemüsebeete verkrauteten, die Beerensträucher wuchsen zum Nachbar und breiteten sich im Garten unkontrolliert aus, die Fenster der Holzlaube gammelten und der Anstrich der Laube war abgeblättert.
Nun hat er gekündigt. Die Schätzung ergab einen Betrag für die Mängel, der über dem Wert des Gartens lag. Der Nachbar war sehr aufgebracht deswegen. Anhand der Schätzung erläuterte der Vorsitzende die Mängel. Hätte der Nachbar den Garten und die Laube gepflegt oder bereits vor zwei Jahren abgegeben, wäre noch ein ordentlicher Betrag für ihn übriggeblieben.